Heute Morgen ist mir kalt in meinem Schlafsack. Dabei ist das Wetter nicht sooo schlecht. Als ich wach geworden bin prasselte zwar noch der Regen auf den Bus. Die Wolken verziehen sich aber und die Berggipfel werden schon von der Sonne angestrahlt. Wir entschließen so schnell wie möglich abzuhauen. Strom haben wir eigentlich nicht gebraucht, die Duschen waren schmuddelig und vor den Toiletten in den Pfützen liegt Klopapier. Da spar ich mir das öffnen der Tür zum stillen Örtchen.
Als wir los düsen frage ich mich wofür wir eigentlich hier angehalten und bezahlt haben? Gut, konnte man vorher nicht wissen. Aus meinem Kratzen im Hals ist ein festsitzender Husten geworden und Ilona geht es Tag für Tag schlechter. Wir tippen auf Corona und besorgen uns Medikamente und einen Test um sicher zu sein. Tja, und das war es dann wohl. Zwei Striche auf dem Blättchen. Keiner weiß wie sich unsere Gesundheit noch entwickeln wird und wir müssen die einzig richtige Entscheidung treffen. Wir brechen ab. In unserem Zustand können wir die Wanderung zum Preikestollen vergessen. Wichtig ist, das wir jetzt so schnell wie möglich nach Hause kommen. Vor uns liegen jedoch 1500 Kilometer und 20 Stunden Fahrtzeit.
Ich gebe Göteborg als ersten Stopp ein. Etwas über 400 Kilometer, aber über 8 Stunden Fahrtzeit. Mir geht es trotz Husten noch gut und ich hoffe das Beste. Es geht wieder die Serpentinen hoch und jetzt reicht es auch langsam. Die Straßen sind stellenweise so eng das kein Gegenverkehr durch kommt. Dafür wird der Verkehr an einigen Stellen aufgehalten um den Gegenverkehr durch zu lassen. Vorweg ein Security- Fahrzeug das den Konvoi anführt. Dach 2 Stunden Fahrt werden die Straßen dann endlich so breit und schön wie ich mir das wünsche. Und auch die Landschaft könnte schöner nicht sein und erstrahlt im hellsten Sonnenschein. Als wolle sie sich noch einmal von der besten Seite zeigen und sich verabschieden. Wir sind tief bedrückt. Also ich. Ilona bekommt davon leider nicht mehr viel mit. Sie liegt jammernd und schlafend in der Ecke so das wir von der Landschaft leider keine Bilder haben und ich sie in der Erinnerung mit nach Hause nehmen muss.
Aber es gibt keinen Ausweg mehr. Wir müssen vernünftig sein und uns bewusst werden das wir auf dem Weg nach Hause sind. Eigentlich sind wir ja schon seit dem Nordkap auf dem Rückweg, aber jetzt ist es eben so endgültig. Und die beeindruckenden Landstriche machen es nun auch nicht einfacher.
Unterwegs fahren wir an der Heddal Stabkirche vorbei die ich von unserem ursprünglichen Plan gestrichen hatte. Hier muss ich jetzt noch anhalten. Mit gebührendem Sicherheitsabstand zu anderen Touristen schieße ich einige Bilder und verschwinde schnell wieder. Ilonas Gesundheitszustand wird auch immer schlechter und sie ist gar nicht in der Lage mich zu begleiten. Und so langsam geht es mir auch immer schlechter.
Wie in Trance fahre ich in Kolonnen nur meine Kilometer ab. Jedoch schaffe ich die 8 Stunden Fahrt bis Göteborg nicht mehr. Zu erschöpft und leicht fiebrig muss ich die heutige Etappe bei 5,5 Stunden abbrechen. Wir haben jedoch kein Wasser mehr und ein Medikament zum Inhalieren wäre für mich auch nicht schlecht. Das besorgen wir noch schnell im nächsten Rema1000 Markt und in der Apotheke. Was sollen wir auch anderes machen? In Norwegen und Schweden interessiert es keinen was man hat und von irgendwas müssen wir ja auch leben. Den Tank machen wir noch schnell voll und suchen uns den nächsten park4night Parkplatz.
17.30 Uhr stelle ich endlich den Bus aus und verkrieche mich nach hinten. Meine nächste Planung sieht vor übermorgen zu Hause zu sein, oder zumindest in Deutschland. Ich hoffe dass uns unsere geschundenen Körper nicht im Stich lassen. Aber es sieht nicht gut aus mit mir. Ilona hat ja schon seit Tagen hämmernde Kopfschmerzen und ich liege jetzt auch flach mit Fieber. Fiebersenkende Mittel und Wadenwickel scheinen aber kein Grad die Temperatur zu senken. So liege ich da, mindestens 1200 Kilometer vom heimischen Sofa entfernt, in einem alten klapperigen Bus auf einem Parkplatz, hundert Kilometer hinter Oslo.
Kein Platz wo ich jetzt sein will. In der Nacht kommen ein paar Jugendliche in Autos und auf knatternden Mofas vorbei, drehen Techno Musik bis zum Anschlag auf und spielen Camper ärgern. Vom Fieber geplagt interessiert mich das jetzt auch nicht mehr. Irgendwann reist die Partygesellschaft ab und ich schlafe ein.
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